Von der Erzbruderschaft zum Bund der Historischen Deutschen
Schützenbruderschaften
Uta Kirsten Remmers M.A.
Der heutige Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften e.V. wurde
am 27. Februar 1928 von Dr. Peter Louis unter dem Namen „Erzbruderschaft vom
Heiligen Sebastianus“ gegründet. Dr. Louis wollte mit dieser Dachorganisation
„den Schützenvereinen, die aus langer Tradition sich dem katholischen
Christentum verpflichtet fühlten und an religiösen Grundsätzen festhielten“ die
Möglichkeit geben, den Zusammenhalt untereinander zu stärken und damit „dem
katholischen Vereinsleben neue Kräfte“ zuzuführen. Als Präsidenten, der
heute den Titel Hochmeister führt, konnte Dr. Louis den Fürsten Salm
Reifferscheidt-Dyck gewinnen, dessen Familie seit Generationen eng mit dem
Schützenwesen verbunden war. Wichtige Personen der Gründungszeit waren
außerdem Johann Stamm und Wilhelm Marx aus Leverkusen, die zusammen mit dem
Langenfelder Pfarrer Mirbach den zugezogenen Pfarrer Dr. Louis mit dem
Schützenwesen vertraut gemacht hatten. Schulrat Lankes aus Viersen übernahm in
dem neuen Verband das Amt des Schatzmeisters. Bis zur Proklamation am1. Juli
1928 in Köln hatten sich schon 80.000 katholische Männer der Organisation
angeschlossen. Sie alle stellten sich unter das von Schulrat Lankes stammende
Motto „Für Glaube, Sitte und Heimat“. Auch das Schlagwort „Aus alter Wurzel neue
Kraft“ taucht schon früh in der Verbandsgeschichte auf.
Der Begriff „Erzbruderschaft“ hat von Anfang an zu Missverständnissen
geführt. Dieser Titel ist an strikte Regeln gebunden und wird nur vom Heiligen
Stuhl vergeben. Er kann nicht einfach angenommen werden. Dr. Louis ist mehrfach
darauf hingewiesen worden, hat aber durch sein Beharren auf dem Begriff
erreicht, dass er sich nach und nach tatsächlich eingebürgert hat. Die
Anerkennung als kirchlicher Verein (nicht als Erzbruderschaft!) ist erst im
Sommer 2000 erfolgt.
Die Zeit des NS-Regimes wurde für die Bruderschaften zur
Stunde der Bewährung. Der „Erzbruderschaft“ wurde eine besondere religiöse und
kulturelle Bedeutung zuerkannt. so dass sie zunächst bestehen blieb. Das ist
hauptsächlich den Unterredungen zu verdanken, die Dr. Louis und Fürst
Reifferscheidt immer wieder mit Vertretern des Regimes führten. Das Besinnen auf
traditionelle Werte lag auch im Interesse der Bruderschaften. Man versprach sich
Hilfe im Kampf gegen den aufstrebenden Kommunismus. Die Gefahren erkannte man
wie viele andere auch erst später. 1935 wurden alle schießsportlichen
Aktivitäten dem Reichsbund für Leibesübungen unterstellt. Das galt auch für die
„Erzbruderschaft. Der damalige Hochmeister, Fürst Reifferscheidt, lehnte es aber
ab, die Einheitssatzung zu unterschreiben, weil der Verband damit seine
konfessionelle Bindung hätte aufgeben müssen. Die „Erzbruderschaft vom Heiligen
Sebastianus“ wurde daraufhin „aufgrund ihres oppositionellen Verhaltens im
Interesse der Vereinheitlichung des deutschen Sportwesens“ am 5. März 1936
aufgelöst.
Viele Bruderschaften beugten sich dem Druck des Regimes und traten aus der
„Erzbruderschaft“ aus. Aber die meisten verzichteten auf den Schießsport und
zogen sich ganz auf die kirchliche Seite zurück.
Neben den Akten und Geldern verlor der Verband unter den
Nationalsozialisten auch seine Standarte, die die Bruderschaften von Viersen
1930 gestiftet hatten. Sie verbrannte nach einem Luftangriff auf Köln in der
Mülheimer Kirche.
Im Nachkriegsdeutschland fasste der Gedanke des Bruderschaftswesens schnell
wieder Fuß. Ostern 1946 konnten sich die Bezirksverbände in der
britisch-amerikanischen Bizone neu ordnen. Die „Erzbruderschaft“ wurde am 31.
Mai 1946 wieder zugelassen. Wegen eines Missverständnisses wurden die
Bruderschaften aber kurz darauf erneut verboten. Am 4. Mai 1947 trug Kardinal
Frings der britischen Militärregierung ein Memorandum vor, in dem er die
kirchliche Seite der Bruderschaften hervorhob. Der britische Militärgouverneur
genehmigte daraufhin die Bruderschaften unter der Bedingung, dass sie sich nur
bis auf Diözesanebene zusammenschließen durften. Eine übergreifende Organisation
wurde zunächst abgelehnt. Am 10. Januar 1949 ließ auch die französische
Militärregierung in ihrer Zone die Schützenbruderschaften wieder zu. Am 1.
Januar 1951 konnten sich die bis dahin bestehenden Diözesanverbände in Aachen,
Köln, Münster, Trier und Paderborn zum „Zentralverband der Historischen
Deutschen Schützenbruderschaften“ zusammenschließen.
Zwei Jahre nach seiner Wiedergründung feierte der
Verband sein silbernes Jubiläum. In jenem Jahr wurde mit Josef Junglas erstmals
ein Bundeskönig gekrönt. Die Stadt Köln stiftete ein Bundeskönigssilber. Konrad
Adenauer schenkte dem Verband eine neue Bundesstandarte, die bis 1985 benutzt
wurde und sich heute im Archiv des Bundes befindet.
Für die Bildungsarbeit insbesondere bei der Jugend unterhielt der Verband ab
1959 das Alte Brauhaus in Kreuzweingarten. Hier fanden Bildungsveranstaltungen,
Schießlehrgänge und Meisterschaften statt. Die Verbandsstätte wurde 1987
aufgegeben.
1960 nahm der Zentralverband das Sportschießen in vollem Umfang in sein
Programm auf. Die sportlichen Aufgaben hatte bisher der Deutsche Schützenbund
übernommen. Wegen Kompetenzstreitigkeiten war es aber Ende 1959 zum Bruch der
beiden Verbände gekommen, so dass sich der Zentralverband nun selbst um den
Sport kümmerte.
1963 hat sich der Bund der St. Sebastianus Schützenjugend
gegründet. Die Jugend organisiert sich im Rahmen der Bundessatzung
selbst. 1964 wurde der erste Bundesprinz, 1974 auch der erste
Bundesschülerprinz ermittelt.
Seit April 1967 führt die ehemalige
„Erzbruderschaft“ den heutigen Namen. Dem Verband sind
inzwischen in knapp 1300 Bruderschaften etwa 600.000 Mitglieder
angeschlossen. |